Die Mühle Heitertal zwischen Kollbrunn und Waltenstein trat erstmals 1361 in Erscheinung. Seit 1916 ist sie im Besitz der Familie Kunz.
Seit Jahrhunderten wird gemahlen
Am 25. Januar 1361 verlieh Herzog Rudolf von Zofingen an Hans von Kyburg eine Reihe unbedeutender Lehen, vornehmlich im heutigen Kanton Thurgau. Am Schluss der Liste war angefügt «item die mulin ze Heittental». Da stellt sich nun die Frage nach der Herkunft des Namens. Der wird ja heute noch unterschiedlich wiedergegeben. Mal nennt man dieses Tal zwischen Kollbrunn und Waltenstein Heitertal, mal Heidertal. Sogar bei der Bezeichnung der Mühle gibt es Unterschiede: Das Haus selbst ist beschriftet mit Heitertal, der Stempel der Mühle lautet aber auf Heiterthal.
Die Heidertaler Mühle erhielt ihren Namen wohl vom ersten Besitzer namens Heider, ein seit dem Spätmittelalter im mittleren Tösstal bekanntes Geschlecht. Die Benennung der Mühlen nach ihrem Besitzer war in früheren Jahren eine verbreitete Gepflogenheit. Die Mühle durchlief eine bewegte Geschichte mit Besitzerwechseln, Pestepidemien und einer unglücklichen Ehekrise, aber auch mit goldenen Jahren. Bis Ende 18. Jahrhundert hatte der Weinbau im Heidertal eine gewisse Bedeutung, eine Zeit lang wurde in der Mühle eigener Wein ausgeschenkt.
Goldene Tränen
Der Förster Albert Kunz aus Fälmis oberhalb Wald im Zürcher Oberland erfuhr 1915 von seinem vorgesetzten Forstmeister, dass im mittleren Tösstal ein stattlicher Hof zu verkaufen sei. Das schien ihm für seine grosse Familie mit vier Söhnen und drei Töchtern eine mögliche neue Heimat zu sein. Er reiste mit seiner Frau Berta das Tösstal hinunter ins Heitertal. Die Mühle mit der Turbine und dem Weiher, eine ganze Reihe von Stuben und Kammern, die währschafte Scheune und der grosse Wald beeindruckten ihn sehr. (Siehe Foto)
Eher erdrückend schien ihm der Preis, den Holzhändler Jakob Metzger nannte. Der trieb Berta Kunz Tränen in die Augen. Da der Verkäufer befürchtete, Kunz könnte deswegen von einem Kauf absehen, reduzierte er den Preis sofort um einige Tausender. So kam der Kauf zustande. Auf dem Heimweg meinte Albert Kunz augenzwinkernd: «Berta, noch nie hast du so goldene Tränen geweint wie heute.»
Die 180’000 Franken waren freilich auch so noch eine immense Bürde für das kinderreiche Ehepaar. Doch der Holzhändler kam den Oberländern nochmals entgegen, holzte zur Kompensation kurzerhand den Wald oberhalb der Weide ratzekahl ab und gab sich mit einer Zahlung von 120’000 Franken zufrieden. So konnte sich die Familie Kunz 1916 im Heitertal niederlassen.
Technischer Fortschritt
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Wasserräder durch leistungsfähige Turbinen ersetzt worden. Der Weiher wurde durch den Wildbach und den Nussbergerbach gespeist. 1942 stellte die Familie Kunz von Steinmühlen auf Walzenstühle um, die rascher und feiner mahlten. Bald einmal genügte die vorhandene Wasserkraft kaum mehr, und es musste immer mehr Leitungsstrom dazugesetzt werden. Heute liefert das Wasser aus der Druckleitung noch knapp einen Viertel des Kraftbedarfs.
2001 wurde eine Familien-Aktiengesellschaft gegründet. Die Umstrukturierungen im Mühlegewerbe gingen auch an der Heitertaler Mühle nicht spurlos vorüber. Weil im Heitertal nicht getrocknet werden kann, gehen die grossen Getreideernten an Sammelstellen in Illnau und Thalheim an der Thur. Aber in die Kunden- und Futtermühle im Heitertal bringen die Bauern noch Gerste, Hafer, Emmer und Einkorn. Eine Spezialität ist die Verarbeitung von Dinkel. Rund 300 Tonnen werden jährlich geliefert, teilweise sogar aus den Kantonen Schaffhausen und Graubünden. Die Lieferanten möchten gerne Mehl aus ihrem eigenen Getreide. Sowas können nur kleine Mühlen bieten. Nischenprodukte sind eine Chance für kleine Betriebe.
(Quelle: 22.6.2016, Albert Büchi, Der Tösstaler)